Neomat

Kapitel 7

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Begrenzte Freiheit oder: Wenn Gedanken wie Fesseln agieren

 

Sitzend, wartend und in die Leere blickend, so vergeht ein Tag nach dem anderen. Aufstehen und nach draußen gehen. Die Welt sehen und wieder von vorne beginnen. Ich kann! Ich muss! Soll ich? Darf ich? Will ich? Fragen über Fragen, doch fesselt es mich an mein jetziges Leben. Der Radius meines Horizontes ist nicht größer als null und das kann ich getrost dann meinen Standpunkt nennen. Wie jeder andere, so bin auch ich nicht unfehlbar. Wie jeder andere, so bin auch ich nur ein Mensch. Ich habe meine Prinzipien und meine Vorstellung von der Welt. Was würde mir bleiben, wenn ich auch das noch verlieren würde? Was würde mir bleiben, wenn ich meine eigene Identität leugnen müsste? Was würde bleiben, wenn nichts mehr so wäre, wie es heute ist? Kann der Mensch zu mehr bestimmt sein, als es in den Büchern steht? Nutze ich nicht all mein Wissen nur zu meinem Seelenheil? Ich würde nur zu gerne diese Fesseln sprengen, die mich ans Menschsein binden. Meine Welt würde über mir zusammenfallen und mich in den Trümmern meines Ichs begraben. Am Ende aber würde ich, wie der Phönix, aus den Ruinen meines Daseins wieder auferstehen und ein neues Leben beginnen. Von der Menschlichkeit befreit, gilt es die Welt neu zu entdecken!

 

*** Allgemein ***

Unter allen Menschen kenne ich keinen, der sich freiwillig sein Leben lang in Ketten legen lassen würde. Es ist unvorstellbar für den Menschen, sich seiner Freiheit berauben zu lassen. Diese ist nun mal das Wertvollste, das er besitzt. Ironischerweise sperrt jeder Mensch sich gerne in seine eigenen vier Wände ein. In diesen vier Wänden jedoch ist die Freiheit scheinbar unendlich. Leider nur scheinbar. Es ist euch selbst vielleicht noch nie aufgefallen, doch wirkliche Freiheit kennt ihr nicht. Ihr könnt das Ausmaß dieser nicht einmal ansatzweise erahnen. Wer wirklich frei sein will, der darf nicht nur nach äußerer Freiheit streben, sondern sollte erst einmal in sich gehen und dort anfangen, seine Grenzen aufzulösen. Die Sprache selbst ist schuld an all diesen Grenzen, die sich in euren Köpfen aufrichten und jeden Gedanken erst einmal auf illegalen Export kontrollieren. Dabei sagt man doch: „Gedanken sind zollfrei“. Schade, dass dies nur ein Sprichwort und nicht etwa eine Tatsache ist. Tauchen wir mal gemeinsam in eine kleine Metapher ein, um ein wenig zu verdeutlichen, wie es in den Köpfen der Menschen aussieht.

Eure Gedanken leben in einem Haus. Es ist ein sehr großes Haus mit vielen Zimmern und etlichen Etagen. Überall ist alles schön geordnet und sortiert. Man findet sich sehr leicht in diesem Haus zurecht. Auf der einen Etage sind Meinungen, auf der nächsten dann die Erinnerungen und so weiter und so fort. Jeder Gedanke ist dazu da, um die Ordnung in diesem Haus aufrechtzuerhalten. Das Motto lautet: einer für alle und alle für einen. Manchmal geht die Tür auf und ein neuer Gedanke spaziert hinein. Ihm wird ein Zimmer zugeteilt und er geht ab dann täglich seiner Arbeit nach. Dies tun alle Gedanken bis ans Ende ihrer Zeit. Nicht ein einziger Gedanke würde jemals auf die Idee kommen, ein Fenster zu öffnen. Er könnte ja hinausfallen oder es könnte sonst etwas passieren. Lieber immer schön innerhalb der vier Wände bleiben und die bekannte Nestwärme genießen, als sich einmal im Leben nach draußen zu begeben. Dafür sorgt dann auch die Gedankenpolizei. Sollte einer auf eine dumme Idee kommen, wird er sofort in Gewahrsam genommen und dafür mit Gewissensbissen und ähnlichem Psychoterror bestraft. Wenn die Gedanken irgendwann frei sein sollten, dann muss dieses Haus zum Einsturz gebracht werden und alle Gedanken, die das zu verhindern versuchen, sollten einen grauenvollen Tod sterben. Sie haben es nicht anders verdient!

Woraus bestehen nun die Wände dieses Hauses und an welchen Stellen sollte man eine Stange Dynamit befestigen?

*** Modalverben ***

Am besten fange ich mit dem Keller und dem Fundament des Hauses an. Das Fundament besteht aus dem Wörtchen „wollen“. Hättet ihr nicht gewollt, dass da ein Haus hinkommt, wer weiß, wo eure Gedanken hingezogen wären. Die vier Wände des Kellers sind die anderen Missetäter „sollen“, „können“, „dürfen“ und „müssen“. Auf diesen fünf Wörtern beruht fast euer gesamtes Denken.

 

Dürfen

 

So vieles gibt es auf dieser Welt, was ihr alles nicht dürft. Eure Erziehung lehrt euch, wie man sich zu benehmen hat, was sich gehört und was total fehl am Platz ist. All diese unterschwelligen Befehle und Verordnungen prägen sich in euren Kopf ein und veranlassen euch zu glauben, dass ihr all diese Dinge wirklich nicht dürft! Im Grunde genommen ist das natürlich alles nur reiner Schwachsinn. Ihr dürft alles, wozu ihr fähig seid. Es hindern euch wirklich nur Gedanken daran, es auch zu tun. Das bedeutet sogar, dass ihr jetzt hingehen und jeden Menschen, der euch über den Weg läuft, einfach abschlachten dürft. Nur lebt ihr in einer Gesellschaft, in der ein solches Verhalten eindeutig nicht toleriert wird, und wenn ihr es tut, müsst ihr bereit sein, die Konsequenzen zu tragen. Ihr tragt voll und ganz alleine die gesamte Schuld für euer Verhalten! Solange ihr euch dessen bewusst seid, dürft ihr alles tun, was euch gefällt.

 

Können

 

Die Annahme, etwas nicht zu können, wird meistens dadurch bestätigt, dass man es nie versucht. Es gibt sicherlich viele Dinge, die natürlich überhaupt nicht möglich sind. Da wäre das Fliegen oder das Atmen unter Wasser ohne jegliche Hilfsmittel, um nur zwei Beispiele zu nennen. Aber alles, was in der menschlichen Natur als möglich anerkannt wird, kann auch wirklich jeder Mensch tatsächlich tun! Sich selbst einzureden, man könne etwas nicht, ist der wohl schlimmste Fehler, den ein Mensch begehen kann. Er setzt sich selbst eine Grenze, die nur rein gedanklich existiert. Ihr könnt alle Wege gehen, die euch gefallen, doch wäre es wahrlich eine Schande, wenn ihr euch selbst Steine in diese Wege legen würdet. Wer immer nur sagt: „Das und jenes kann ich nicht.“ Der kann sich gerade so gut auch einen Stuhl kaufen und vor sich hin vegetieren. Es wird auch immer wieder Menschen in eurem Umfeld geben, die behaupten werden: „Das schafft ihr eh nicht!“ oder „Das kannst du sicherlich nicht!“ Solche Menschen gilt es, einfach zu meiden, denn sie sind, um es mal vornehm auszudrücken, einfach nur Scheiße! Sie versuchen euch Grenzen aufzuzeigen, die nicht einmal vorhanden sind. Wer solchen Menschen Gehör schenkt, der ist nicht viel besser als sie und am Ende doch nur selbst schuld, es nie versucht zu haben! Das Wörtchen „nicht“ gehört nicht mit diesem Verb in Verbindung gebracht, dann werdet ihr sehen, was wirklich alles möglich ist.

 

Sollen

 

„Sollen“ ist die Abschwächung von „müssen“. Wer sich immer wieder sagt: „Ich sollte doch …“ oder „Ich soll eigentlich …“, der ist sich nie wirklich sicher, was er nun tun soll und was nicht. Unsicherheit ist kein Stein auf dem Weg zum Glück, sie ist schon eher ein Abgrund. Wer sich fürchtet, ihn zu überspringen, der geht lieber zurück und schlägt einen anderen Weg ein. Dabei ist es doch so hirnverbrannt, sich selbst wieder mal in eine solche Lage zu bringen. Wer sagt euch, was ihr tun sollt und was nicht? Seid ihr das nicht jedes Mal selbst? Natürlich, es gibt immer wieder äußere Einflüsse, doch am Ende seid ihr alleine diejenigen, die entscheiden, was getan wird. Wenn das nächste Mal z. B. euch jemand zu einer Reise einlädt und ihr doch aber noch dies und das tun solltet, dann lasst es sein und geht mal spontan mit auf diese Reise … Man sollte bei einem so kurzen Leben doch eigentlich früh mit dem Leben anfangen, oder nicht?

 

Müssen

 

Dieses Verb ist die wohl schlimmste und fatalste aller Annahmen, die eure Rasse zustande gebracht hat. Die Annahme, etwas tun zu „müssen“, ist so verheerend, dass sie Menschen in den Wahnsinn treiben kann. Ein Sprichwort sagt: „Man muss nur sterben!“ Ich weiß nicht genau, wie oft ich dieses Sprichwort schon gehört habe, doch jedes Mal schien es mir ein wenig heuchlerisch zu sein, es von einem Menschen zu hören. Ihr seid wahre Künstler darin, euch Bedingungen, Termine, Fristen, Aufgaben usw. zu setzen und euch dann einzureden, diese auch unbedingt einhalten zu müssen! Es hat schließlich fatale Folgen, wenn man das nicht tut! Ich verstehe, dass es in der Arbeitswelt vielleicht manchmal sogar nötig ist, sich daran zu halten: Der eigene Beruf und damit das soziale Leben stehen hier auf dem Spiel, doch in der Privatsphäre ist dies eindeutig fehl am Platz. Euer privates Leben untersteht keiner einzigen Pflicht. Ihr müsst nicht gut aussehen, müsst nicht viel Geld haben, müsst nicht das beste Auto fahren, müsst nicht alle eure Versprechen halten, müsst nicht der Beste sein, müsst wirklich einfach gar nichts! Oh ja, all diese Dinge sind sicherlich gut fürs Ego, doch bringen sie euch im Endeffekt recht wenig. Es ist jedoch unumgänglich, dass ihr manche Sachen einfach müsst. Wäre dies nicht der Fall, so würdet ihr auf der Stelle treten und es gäbe keinen Fortschritt mehr. Der Drang zu „müssen“ geht einher mit dem Drang sich weiterzuentwickeln. Es geht aber auch anders!

 

Wollen

 

Das einzige dieser Verben, das ein Recht auf Bestand hat, ist das Verb „wollen“! Es ist durchaus das Einzige, das immer nur die Person selbst betrifft. Entweder man will oder man will es nicht. Es ist so einfach, dass es schon fast zu einfach ist. Ihr Menschen erreicht so unglaublich vieles nur dadurch, dass ihr es wollt. Doch durch so viele Grenzen, die ihr euch selbst auferlegt habt, passiert es nicht selten, dass ihr den Willen nicht am Zoll vorbei bekommt. „Ich will einfach nicht!“ Dieser Satz legt in manchen Fällen oft einen großen Stein auf euren Weg, und euch fehlt die Kraft, diesen wieder hinunterzukehren. Es ist leicht gesagt, etwas zu wollen, was ohne Hindernisse erreichbar ist, doch sieht man das Ziel nicht klar vor Augen, so wird auch der Wille immer ein wenig getrübt. Ehe man nun einfach behauptet, etwas nicht zu wollen, wäre es klug, sich zuerst einmal Gedanken über den Grund zu machen. Eine Aussage wie „Es ist nun mal so!“ scheint mir in dem Fall etwas weit hergeholt. Die Gründe liegen immer irgendwo vergraben, und es behagt euch nicht nachzusuchen. Seien es nun Ängste, euer Glaube, die anderen Modalverben oder ein Gefühl, irgendetwas hindert euch daran, einfach nur zu wollen! Wer aber komplett frei ist, dem steht auch ein komplett freier Wille zur Verfügung. Ist es nicht der freie Wille, auf den es im Leben ankommt? Warum hat nicht jeder einen, wenn er doch zu den Dingen zählt, die der Mensch von Geburt an besitzt. Ganz einfach, die Gesellschaft erlaubt dem Menschen keinen freien Willen. Es wäre alles andere als gut für die Masse, wenn jeder tun und lassen würde, was er will. So wird von Geburt an darauf hingearbeitet, den freien Willen bestmöglich zu unterdrücken, und jedem Einzelnen wird klargemacht, dass es unangebracht ist, manche Dinge zu wollen. Diese Tatsache bohrte sich so tief in die Köpfe, dass fast jeder Mensch vergessen hat, was „freier Wille“ wirklich ist. Ich finde es wirklich schade, dass die Menschheit so weit gehen musste, um sich selbst zu kontrollieren. Wer weiß, wie weit ihr heute wärt, wenn der freie Wille niemals unterdrückt worden wäre.

*** Annahmen ***

Neben den Modalverben und ihren damit verbundenen gedanklichen Grenzen gibt es natürlich noch einige weitere Einschränkungen, die ihr euch selbst auferlegt. Eine der häufigsten und folgenschwersten Blockierungen eurer Gedanken ist die Situation, in der ihr genau zu wissen scheint, was passiert oder was andere Menschen denken und tun werden. Es sind also, um zur Metapher des Hauses zurückzukehren, die Fenster zur Außenwelt. Eine solche Voraussicht besitzt keiner! Es ist nicht möglich, genau zu wissen, was die Zeit mit sich bringt, und ebenso wenig ist es möglich, immer genau zu wissen, was andere Menschen denken. Könnte man Gedanken lesen, wäre vieles einfacher und komplizierter zugleich in dieser Welt. Viele Leute jedoch sind immer mal wieder der festen Überzeugung, genau dies zu können. Dies ist vor allem im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen stets Stein des Anstoßes. Sie nennen es Intuition oder haben andere irrwitzige Erklärungen dafür. Es ist nicht möglich! Egal wie oft man recht behält oder wie oft man danebenliegt, am Ende war es nicht eine übernatürliche Hellsicht, die euch die Antwort und das Endresultat schon Tage vorher zugeflüstert hat. Meist beruhen solche Geschehnisse auf selbst erfüllenden Prophezeiungen. Ein Beispiel, das wohl jeder kennt: Eines guten Tages kommt ihr nach Hause und bemerkt, dass der Akku eures Mobiltelefons leer ist. Ihr steckt es zum Aufladen an und am nächsten Morgen schaltet ihr es wieder ein. Ihr denkt nichts Schlechtes schon klingelt es Sturm. 13 SMS und ebenso viele Anrufe in Abwesenheit. Euer Freund oder eure Freundin fragte in der ersten SMS nach eurem Befinden. Da nicht sofort eine Antwort kam, folgte die nächste SMS mit einer Wiederholung der Frage. Auch auf diese erfolgte keine Antwort und so kam eine nach der anderen und in der letzten SMS ist die Beziehung futsch.

Dies ist nur möglich, da der Partner sich alles Mögliche ausgemalt hat und irgendwann glaubte genau zu wissen, was vor sich geht. Daraufhin gab es keine andere Alternative, als die Beziehung zu beenden. In nicht ganz so schlimmen Fällen endet es dann aber immerhin in einem Streit. Wie bitte könnt ihr Menschen so behämmert sein? Kommt euch denn nicht in den Sinn, dass nicht immer alles so ist, wie ihr es euch erträumt? Man hat mir mal erklärt, dass eine Beziehung auf Vertrauen beruht. In einem solchen Fall jedoch kann noch so viel Vertrauen im Spiel sein, es bringt alles nichts. Wer es besser weiß, fühlt sich im Recht, auch wenn er sich vielleicht sogar irren mag. Ein schönes Beispiel ist die Tragödie von Romeo und Julia. Dachte Romeo nicht, Julia sei tot, als er sich selbst vergiftete? …

Doch nicht nur in Beziehungen, sondern in fast allen zwischenmenschlichen Aktionen spielt dieses „Ich weiß es doch genau!“ immer wieder eine Rolle. Wenn man richtig lag, geht alles gut aus, doch immer dann, wen man danebentippte, endet es in einer Diskussion oder einem Streit. „Fragen kostet nichts“, doch zum Nachfragen ist sich so manch einer zu schade, wie es mir scheint. Warum auch, der Mensch weiß doch eh immer alles besser!

*** Bewertungen ***

Jede Bewertung ist eine gedankliche Grenze. Dadurch, dass ihr manche Dinge über andere Dinge stellt, veranlasst ihr eure Gedanken immer wieder dazu, zu unterscheiden. Wer frei sein will, der darf zwar immer noch bewerten, keineswegs aber diese Bewertung als endgültig betrachten. Eine Bewertung kann so viel Schönes auf dieser Welt zunichte machen. Es ist fast unausweichlich, dass der Mensch irgendwann alles genau nach seinem Bild bewertet. Doch diese Bewertungen helfen nicht, das Bild zu verschönern, sie bauen nur den Rahmen dafür und ein Bild in einem Rahmen kann nicht weiter ausgedehnt werden. Nun wisst ihr auch, was Bewertungen in unserer Metapher sind. Es sind alle Bilder, die in eurem Gedankenhaus an den Wänden hängen. Ist ein Gedanke erst einmal eingerahmt, so bleibt er stur an der Wand hängen. Man sieht, Bewertungen verschönern zwar euer Dasein, doch schränken sie gleichzeitig den Platz für andere Dekorationen ein. Es ist schade um all die Schönheit auf dieser Welt, die keinen Platz findet, nur weil es nicht dem Bild eurer Schönheit entspricht. So kommt es, dass viele Dinge eurem kritikreichen Auge zum Opfer fallen. Heikel wird die Angelegenheit jedoch, wenn der Mensch anfängt, andere Menschen zu beurteilen. Dinge sind, wie man so schön sagt, natürlich reine Geschmackssache, doch Menschen zu bewerten, ist ein Recht, was meiner Ansicht nach keiner wirklich hat. Jeder Mensch ist für sich genommen einzigartig und jeder Mensch schafft sich sein eigenes Leben. Jeder trägt die ganze Schuld an seinem Dasein und ist sich im besten Falle auch jeder Konsequenz bewusst. Wer sich das Recht nimmt, über andere Menschen zu urteilen, der stellt sich automatisch über sie und scheint sich selbst immer als besser anzusehen. Dies widerspricht allem Anschein nach aber der Tatsache, dass alle Menschen gleich sind. Ich will keinem das Bewerten verbieten, doch rate ich davon ab, diese Bewertung nach außen hin zu zeigen. Das Leben fällt einem leichter, wenn man unter „Gleichgesinnten“ weilt.

*** Ursache-Wirkung ***

In der Physik ist dieses Phänomen durchaus bekannt. Es kommt schließlich von da. Wenn eine Aktion auftritt, folgt eine Reaktion. Man kann in der Physik sogar so weit gehen, dass man genau vorhersehen kann, welche Aktion welche Reaktion mit sich bringt. Dies führt nicht selten zu einer Kettenreaktion. Schade, dass der Mensch dieses Prinzip auch auf seine gedanklichen Vorgänge übertragen hat. Ihr Menschen geht immer davon aus, dass alle eure Taten und eure Gedanken diesem Prinzip ebenfalls unterliegen. Wer das tut, zieht das und das mit sich. Dies scheint auf den ersten Blick natürlich einleuchtend zu sein, doch weit gefehlt. Nicht alles im Leben ist so einfach, dass man es auf Ursache-Wirkung reduzieren kann. Der Mensch hat durch all sein Wissen immer die Qual der Wahl und wer sich die Qual ersparen will, der wählt immer den Weg des geringsten Widerstandes. So ist die Wirkung in vielen Fällen immer die gleiche. Die Ursache jedoch kann immer eine andere gewesen sein. Wer anderen eine Freude machen will (Ursache), der geht von diesem Prinzip aus. Er kauft ein schönes Geschenk (Aktion) und hofft auf ein fröhliches Lachen (Wirkung) und ein Dankeschön von der Gegenseite (Reaktion). Wenn man nun aber zum Beispiel Blumen kauft, gegen die der andere allergisch ist, sehen die Reaktion und die Wirkung ganz anders aus. Dieses kleine Beispiel zeigt genau, dass es unmöglich ist, sich unter Menschen immer nach diesem Prinzip zu richten. Der Mensch ist nun mal unberechenbar, im Gegensatz zur Physik. Auch die Welt, das werden unsere Physiker eines Tages einsehen müssen, wird nicht immer so ein, wie ihr Menschen sie heute seht. Es wird andere Zeiten geben, da bin ich mir sicher!

*** Logik ***

Nietzsche schrieb einmal sehr passend: „Das logische Denken ist das Muster einer vollständigen Fiktion.“ Er hatte damals schon erkannt, was heute nicht anders ist. Der Mensch lebt in einer ach so logischen Welt. Alles in der Natur basiert auf reiner logischer Mathematik und Physik. Es gibt nichts, was man nicht berechnen kann. Ihr seid stolz auf diese Fähigkeit. Ihr seid anders als Tiere, ihr könnt logisch überlegen und handeln.

Logik ist keineswegs der Nabel des Universums, sie spiegelt euch nur eure Sichtweise der Dinge wieder. Wenn ihr etwas für logisch erklärt, dann ist es das auch. Wenn ihr etwas als unlogisch definiert, dann scheint mir auch hier alles im Reinen zu sein. Es ist nicht sehr weit hergeholt, einem kleinen unwissenden Kind zu erklären, dass eins plus eins zwei ergibt, und dann später zu behaupten, das sei logisch. Dieses Kind wird sein Leben auf diese Aussage aufbauen und später, wenn es erwachsen ist, feststellen, wie recht die Erzieher damals hatten. Doch dieser Schein, der trügt nicht nur, er verdunkelt ganz und gar die Sicht auf die Dinge. Wer davon besessen ist, alles immer in Logik zu verpacken, der wird irgendwann sicherlich scheitern. Denn vor allem der Mensch ist ein ganz und gar unlogisches Tier. Er ist alles andere als rational und berechenbar. Logik ist und bleibt nur ein Hilfsmittel zum scheinbaren Verständnis der Natur. Keineswegs ist es die Antwort auf alle Fragen. Ihr könnt nicht logisch erklären, was ihr nicht selbst geschaffen habt.

Jede Aussage, die man prüfen kann und die auch nach dem tausendsten Male als korrekt empfunden wird, wird am Ende als logisch abgestempelt. Dies führt dazu, dass ihr Menschen euch sehr leicht beeinflussen lasst von dieser Logik. Wenn jemand euch beschwört, dass es nur so sein kann, dann glaubt ihr das. Es ist ja schließlich logisch! Tritt nun auf einmal der umgekehrte Fall auf, scheint dies ganz und gar unlogisch zu sein und Verwirrung, Verzweiflung und Angst bekleiden eure Gesichter. Dies alles nur, weil die Welt doch so mathematisch perfekt aufgebaut scheint. Mathematik ist aber nur der Versuch, der Logik in eurem Leben einen Sinn zu geben. Verabschiedet euch von der Logik, ihr braucht sie nicht, um ein schönes Leben zu führen. Ihr braucht sie nur, um ein sicheres Gefühl zu haben, doch Gefühle sind halt immer nur eine Frage der Gedanken. Um zur Metapher des Hauses zurückzukommen: Logik ist das Dach dieses Hauses. Alles, was in dem Haus passiert, passiert unter dem Schutze der Logik!

*** Alles andere ***

Jede Etage und jedes Treppenhaus in diesem Haus spielt eine Rolle in eurem Leben. Es ist euer Kopf, der dieses Haus errichtet hat, und es sind eure Gedanken, die sich darin zurechtfinden und die, darin eingesperrt, arbeiten müssen. Ihr wollt frei sein, so reißt dieses Haus ein. Lasst eure Gedanken frei sein und vergesst die Vorstellung von allem. Die Grenzen, die ihr euch auferlegt, halten nicht andere von euch fern. Sie sperren euch selbst ein. Jeder einzelne Gedanke für sich hat eine Daseinsberechtigung und scheint er noch so verrückt, es kann nicht sein, dass man euch vorschreibt, wie und was ihr zu denken habt!

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