Der gewohnte Alltag oder: Die Illusion der Wirklichkeit
Täglich wache ich auf, weil die Sonne durch das Fenster genau auf die Stelle meines Bettes fällt, wo mein Kopf liegt. Diese hellen Strahlen erwärmen mein Gesicht und machen ein Weiterschlafen einfach unmöglich. Aufstehen, der Gang ins Badezimmer, anziehen, frühstücken, zur Arbeit fahren und wieder nach Hause kommen. So sieht der Alltag aus und das jetzt schon seit unzähligen Jahren. Es ist das, was ich gewohnt bin. Das, was mir vertraut ist, und das, womit ich zurechtkomme. Ich will nichts anderes haben, es gibt mir Sicherheit und Geborgenheit. Es ist meine Zuflucht. Alles andere will und kann ich nicht annehmen. Meine Welt ist auf dieses eine Prinzip beschränkt und meine Wirklichkeit besteht aus diesen wenigen Grundaussagen. Ich fühle mich wohl in meiner Welt. Das ist nicht nur die Hauptsache, sondern auch das Einzige, was zählt. Doch auch ich musste erkennen, dass, wenn eine Welt zerbricht, die Folgen stets im Auge des Betrachters liegen. So ist mein Alltag zwar noch immer der gleiche, nur die Sichtweise wird niemals mehr die sein, die sie mal war!
*** Allgemeines ***
Ich gehe davon aus, dass Sie sitzen, während Sie dieses Buch in den Händen halten und lesen. Das ist auch besser so, denn nun werde ich ohne viel Drumherum genau die Aussage machen, die das ganze Kapitel zusammenfasst. Es wird vielleicht nicht direkt einleuchten und wahrscheinlich auch auf Gegenwehr treffen, aber lesen Sie selbst.
– „Nichts ist wirklich!“ –
Klingt erst mal ziemlich banal, aber Sie werden, wenn alles gut geht, erkennen, wie viel „Wahrheit“ in einem so kleinen Satz stecken mag.
Die meisten Menschen, wenn nicht vielleicht sogar alle, gehen davon aus, dass es nur eine einzige wirkliche Wirklichkeit, eine einzige alles umfassende Wahrheit gibt. Diese Wahrheit bestimmt ihr Leben und auf dieser Wahrheit beruht alles, was war, was ist und was je sein wird. Ihr klammert euch an diese eine Wirklichkeit, auch wenn sie euch im wahrsten Sinne des Wortes das Leben kostet. Es stimmt auch irgendwie, es gibt für jeden Menschen immer nur eine Wirklichkeit, doch betrachtet man die Anzahl der Menschen auf diesem Planeten, so kommt man auf fast sieben Milliarden Wirklichkeiten. Eine sehr schwer vorstellbare Summe. Ich würde nicht verlangen, dass ihr von diesem Moment an alles, was ihr kennt, für nichtig erklärt und alles aufgebt, was ihr habt und was euch ausmacht. Dies sollte auch keinesfalls der Sinn und Zweck sein. Es gilt zu erkennen, wie viel Wahrheit für jeden Einzelnen in diesem kleinen Satz liegt. Es gilt herauszufinden, ob das Leben nicht doch eine tiefere Quintessenz in sich verborgen hält. Wenn es so viele Wirklichkeiten gibt, kann man doch auch sicherlich zwischen ihnen hin und her wandeln. Jeder von euch kennt die Frage nach dem Sinn des Lebens, die Suche nach einer alles erläuternden Antwort. Hier im Buch werdet ihr diese Antworten sicherlich nicht finden, denn es gab sie nie und wird sie nie geben. Egal, für welchen Weg ihr euch im Leben entschließt, am Ende findet ihr keine Antworten. Ihr findet vielleicht Erlösung, Erleuchtung oder noch mehr Fragen. Es liegt in eurer Natur, dass das Suchen alleine das Finden einfach unmöglich macht. Dies ist wieder ein Grund, warum jeder, der verstehen will, sterben lernen muss. Tote hören zwangsläufig auf mit dem Suchen.
Wie sieht nun euer Alltag aus? Unter euch zu leben und euch zu beobachten, ist mir immer wieder eine Freude und zugleich nicht die Zeit wert, die ich damit verschwende. Das Wichtigste vorweg ist und bleibt euer Drang nach Fortschritt. Es ist der scheinbar nie enden wollende Versuch, etwas zu errichten, das euch Erleichterung in einem doch so schweren Leben verschafft. Alles, wie es geschaffen und wieder weggelegt wird, hat seinen Preis. Manche zahlen mit Geduld, andere mit Ideen, andere mit Zeit, andere mit Kraft, wieder andere mit ihrem Leben, doch alle zahlen am Ende mit Geld!
*** Geld ***
Ohne Zweifel ist Geld eine Art Gottheit der Moderne. Ja, Geld ist in vielerlei Hinsicht sogar mächtiger, als jeder Gott es je sein könnte. Was man alles mit Geld kaufen und bewirken kann, grenzt an unendliche Macht. Dem Geld gehört die Welt. Geld alleine macht nicht glücklich, aber es beruhigt ungemein. Es ist Drahtzieher in vielen kleinen Teilchen eures Daseins. Panik, Sorgen, Intrigen, alles, was bis jetzt schon erwähnt wurde, hat sicherlich des Öfteren nur das Thema Geld. Man kann mit Geld Unheil und Verderben säen, es aber auch benutzen, um Frieden und Glück über sich und sein Umfeld zu bringen.
Wenn ich mir euren Alltag ansehe, so dreht sich am Ende fast alles um dieses eine Mysterium. Ihr geht zur Arbeit, um es zu verdienen, und investiert es in die restliche Zeit des Tages. Ein Kreislauf, aus dem ihr nicht entkommen könnt. Gegen alle Annahmen, ihr würdet das Geld besitzen, behaupte ich jetzt, das Geld besitzt euch. Es kontrolliert euer Handeln und eure Launen.
Viele Menschen leben mit der Überzeugung, dass man nicht alles mit Geld kaufen kann, diese wenigen versuchen sich das aber nur einzureden, weil ihnen sonst der Boden unter den Füßen zu entschwinden droht. Man kann sich alles mit Geld kaufen, der einzige Unterschied liegt am Ende nur in der Echtheit. Natürlich ist es praktisch unmöglich, ganz ohne Geld auszukommen. Wie auch, man lebt schließlich in einer Welt, die damit erschaffen wurde. Das ist in etwa so, wie ohne Sauerstoff und Wasser über die Erde zu stolzieren. Auf lange Sicht gesehen einfach nur fatal. Ich habe auch keine Verbesserungsvorschläge oder guten Ratschläge. Es gibt auch hier keine Universalformel, die einem ein glückliches Leben ohne Geld verspricht. Die Einstellung dem Geld gegenüber zu ändern, ändert leider nicht die Einstellung des Geldes euch gegenüber. Wer weiß, vielleicht kommt irgendwann einmal eine Zeit, in der Geld keine Rolle mehr spielt. Eine Zeit, in der alle Menschen wahrhaftig gleich sind und Frieden auf der ganzen Erde herrscht. Eine utopische Vorstellung, nicht wahr? Findet euch damit ab, dass Geld auch in ferner Zukunft euch immer noch an die Leine nehmen wird und mit euch durch die Straßen spaziert. Es kommt am Ende nicht darauf an, mit wie viel Geld ihr gelebt habt, sondern mit wie viel Freude ihr ins Grab geht. Wenn ihr den Dreh zum Glücklichsein einmal raushabt, so kann euch das kein Geld der Welt mehr nehmen. Nichts ist kostbarer als die Erkenntnis ewigen Glücks. Wer glaubt, dazu Geld zu brauchen, der ist auf dem falschen Weg. Jede Äußerlichkeit kann man sich irgendwie aneignen, wenn die Summe stimmt, aber die inneren Werte sind unbezahlbar. Das einzige Problem, das dennoch entsteht, ist dies: Was Geld nicht kaufen kann, das zerstört es. Auch wenn die inneren Werte nicht käuflich sind, so stehen sie immer irgendwie in Verbindung zum Geld und können durchaus beeinträchtigt werden. Sachlich gesehen hat Geld schon seine Daseinsberechtigung. Was wäre es für ein Chaos, wenn wir immer noch im Tauschhandel leben müssten. „Dein Auto gegen meine Frau und ich lege noch zwei Kinder drauf, wenn du mir die Winterreifen dazulegst.“ Eine durchaus witzige Vorstellung, wenn auch etwas übertrieben dargestellt. Wem das alles zu viel wird auf dieser Erde, mit den ganzen Geldproblemen, den Finanzkrisen und den überteuerten Preisen, der kann sich ein wenig Geld zur Seite legen und dann einen diplomierten Gehirnwäscher aufsuchen. Nach nur ein paar Sitzungen sieht die Welt wieder wie neu aus und Geld scheint auch nicht mehr die Gewichtung zu haben wie vorher. Ja, sogar die Brieftasche fühlt sich danach etwas leichter an. Und ich Idiot meinte am Anfang, dass Geld nicht glücklich machen kann. So kann man sich irren.
*** Technik und Fortschritt ***
Ist es nicht wünschenswert, ein Ziel im Leben zu haben. Das Ziel der Menschheit ist nicht etwa die totale Ausrottung anderer Lebewesen, es ist die Modernisierung der Natur. Es geht darum, so viel Natur wie nur möglich in eine Ackerlandschaft für Computer und Roboter umzuwandeln. Wo anfangs der erste Mensch stolz verkünden konnte, das Rad erfunden zu haben, steht jetzt die Rakete, die uns alle später, wenn die Erde hinfällig geworden ist, auf einen besseren Planeten bringt. Ob Autos, Mobiltelefone, Fernseher, Computer, Internet, künstliche Intelligenz oder MP3-Player, es gibt schon so vieles und täglich kommt Neues hinzu. Der Fortschritt ist unaufhaltsam und macht seinem Namen alle Ehre. All dieses Spielzeug ist aus eurem Leben einfach nicht mehr wegzudenken. Heute laufen schon Kinder, die gerade erst richtig sprechen gelernt haben, mit zwei Mobiltelefonen rum. Hauptsache erreichbar! Wenn man einen gemütlichen Abend unter Freunden verbringen will, sind diese Handys eine Art Pflicht-Equipment. Jeder hat so eins und jeder starrt im Durchschnitt alle zehn Minuten mindestens einmal auf den Bildschirm. Sei es nun, um zu sehen, wie viel Uhr es ist, oder in Erwartung eines Anrufes oder einer sogenannten Kurzmitteilung. Doch auch diese Kurzmitteilungen können durchaus sehr lang werden. In einer Zeit, die sich so rasch entwickelt wie die jetzige, ist es kein Wunder, dass jeder unter euch irgendwie das Gefühl bekommt, irgendwann etwas zu verpassen. Die Angst, nicht auf dem neusten Stand der Dinge zu sein, frisst einen innerlich auf. Man muss am Ball bleiben, das ist die Devise, und wer nicht mit der neusten Technik schwimmt, der geht unter. Ich will die Technik aber nicht zu sehr kritisieren, es ist schon wahr, dass sie einem das Leben unweigerlich vereinfacht. Doch diese Vereinfachungen haben ihren Grund wieder mal im Geld. Wie war das gleich? Zeit ist Geld? Ja, Technik erspart Zeit, kostet aber Geld. Irgendwie widersprüchlich! Was soll’s. Das einzige wirklich Bedauernswerte an der Technik ist, dass sie dem Menschen die Notwendigkeit der Evolution erspart. Wo früher der Selektionsdruck herrschte, steht jetzt ein Firmengebäude und ein Labor für Nanotechnologie. Es gibt, vor allem in der westlichen Kultur, keinen Grund mehr, sich als Wesen zu verändern. Anfangs veränderte die Natur den Menschen, jetzt zahlt sie ihren Preis dafür. Die Natur meinte es nur gut mit dem Menschen, sie gab ihm die Möglichkeit, sich auf dieser Erde zu beweisen und zu überleben. Jetzt meint der Mensch es auch sicherlich nur gut mit der Natur, wenn er ihr klarmacht, dass kein Platz für sie in der modernen Zeit mehr ist. Irgendwann sind alle Geheimnisse der Natur gelüftet und man wird einfach alles künstlich herstellen können. Ich will mir gar nicht vorstellen, was das Ganze dann alles kosten wird.
*** Materialismus ***
Der ganze Fortschritt und die ganze Technik haben das Leben in eine ganz neue Bahn gerückt. Waren vorher noch die Familie und der Nachwuchs unangefochtene Spitzenreiter auf der Werteskala, sind ihnen heutzutage Besitz und Reichtum dicht auf den Fersen. Der Mensch definiert sich nur noch selten über das, was er ist, sondern immer häufiger über das, was er besitzt. Sein äußerliches Erscheinungsbild, Kleider, Schmuck und Schuhe, sein Auto, sein Haus usw., all diese Statussymbole sind maßgebend für den Wert einer Person. So scheint es mir jedenfalls. Die inneren Werte liegen, so wie der Name schon andeutet, im Inneren verborgen und sind daher auch nicht direkt sichtbar. Der erste Moment zählt, der erste Eindruck ist heute in einer hektischen Welt der durchaus maßgebendere Faktor. Was kümmert einen in den ersten fünf Minuten schon der Charakter, wenn das Auftreten nicht das eines Erfolgsmenschen ist. Kein Erfolg, kein Wert, kein Grund, diese Person näher kennenzulernen. Ich habe schon Menschen getroffen, die behauptet haben, sie würden ohne ihr Mobiltelefon sterben. Es ist tatsächlich in dieser Welt schon so weit, dass Computer über unser Dasein regieren. Doch auch das Sprichwort „Kleider machen Leute“ kommt nicht von ungefähr. Je teurer die Marke und je stilvoller das Auftreten, desto besser. Es ist scheinbar witzlos, denn sogar bei verschiedenen Subkulturen, die sich gegen den Materialismus aussprechen, wird eine horrende Summe ausgegeben, damit das Äußere auch zur Überzeugung passt.
Ich habe nichts gegen ein gepflegtes Äußeres, Hygiene ist sehr wohl ein wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens. Wer aber denkt: „Wer viel hat, der ist viel“, der irrt sich. Alles, was ihr besitzt, euer ganzes Hab und Gut, ist vergänglich und ihr nehmt nichts davon mit ins Grab. Wenn ihr der Überzeugung seid, euer Leben wäre einfacher und schöner mit mehr Besitz, dann tut mir den Gefallen und sucht ihn ohne Sauerstoffgerät auf dem Grunde des Ozeans. Lernt erst einmal einen Menschen danach zu beurteilen, wie er sich als Person euch gegenüber zeigt, und nicht sofort danach, wie er aussieht. Wenn ihr nicht ohne euer Mobiltelefon leben könnt, dann schließt euch mal für eine Woche weg. Ihr werdet sicherlich nach sieben Tagen immer noch leben. Wer sich über die Dinge, die er besitzt, definiert, wird selbst zu einem Ding.
*** Alkohol und andere Drogen ***
Partys, Feiern bis zum Abwinken und gute Stimmung bei lauter Musik, wohin man schaut. Jedes Wochenende steht unter dem Motto der guten Laune. Vor allem bei den jüngeren Gesellschaftsmitgliedern ist das Wochenende der reinste Spaß. Jedes Wochenende wird akribisch geplant und organisiert. Nichts wird dem Zufall überlassen. So scheint es jedenfalls zu sein. Die Wahrheit sieht doch meist recht anders aus. Spontaneität ist keineswegs ein Fremdwort und man ist halt immer gerne da, wo auch was los ist. Man will gesehen werden und selbst teilhaben am neusten Klatsch und Tratsch. Die Fixierung aufs Wochenende macht die Werktage fast unerträglich. Die Tage von Montag bis Freitag dauern einfach viel zu lang und haben mit Sicherheit mehr als vierundzwanzig Stunden. Frust sammelt sich langsam, aber sicher an und das Verlangen nach ordentlichen Exzessen wird immer größer. Wenn wundert es da, dass Alkohol ein solch treuer Begleiter eines jeden Wochenendjunkies geworden ist. Mit Alkohol sieht nicht nur die Welt sofort viel rosiger aus, auch die Mitmenschen scheinen einem nicht mehr so doof, wie sie es noch vor ein paar Stunden waren. Alkohol ist durchaus das Konsummittel, das man neben herkömmlichem Wasser am häufigsten antrifft. Die ganzen Gesetze und Veranlassungen in Bezug auf Alkohol sind sicherlich auch übertrieben, denn Alkohol schafft das, was die Politik immer wieder vergebens versucht. Er macht die Leute geselliger. Natürlich gibt es auch hier, wie überall, Ausnahmen. Manche Leute werden aggressiver, andere werden ruhiger usw. Aber der größte Teil wird offener und freizügiger. Nichts scheint mehr wirklich wichtig zu sein, wenn der Alkohol nur im richtigen Maße fließt. Man fragt sich, wieso nicht jeder Tag Freitag sein kann.
Doch ihr Menschen habt etwas Merkwürdiges an euch. Sobald etwas verboten wird, scheint es interessanter zu werden. Alkohol ist eine Volksdroge, sie ist nicht wirklich verboten, nur gesetzmäßig eingegrenzt. Andere Drogen wiederum sind ganz und gar illegal. Diese üben auf einige von euch aber gerade deswegen eine magische Wirkung aus. Damit ist nicht die „magische“ Wirkung der Droge selbst gemeint. Grob betrachtet weichen diese aber in der Funktion nicht allzu weit vom Alkohol ab. Alle Drogen lassen die Welt für die Dauer ihrer Wirkung einfach anders, einfach besser erscheinen. Wer will denn nicht dem tristen Alltagsleben einfach mal entfliehen und sich für eine Weile in eine heile Welt hineinversetzen? Nun gut, ich verstehe die Beweggründe, aber nicht die Tatsache selbst. All dies ist durchaus auch ohne Drogen möglich. Wie bereits erwähnt, gelingt dies auch Menschen, indem sie z. B. ein Buch lesen. Dass dazu die Fähigkeit, lesen zu können, eine Voraussetzung ist, ist mir schon klar. Auf der anderen Seite sehe ich auch nicht ein, wieso man mit allen Mitteln dagegen ankämpfen will, solche Drogen zu verbieten. Man nimmt dem Menschen die Freiheit, die einem von den gleichen Leuten doch versprochen wird.
Nun von den harten Drogen wieder zu einer ganz gewöhnlichen Volksdroge, den Zigaretten. Rauchen ist eine Freizeitbeschäftigung wie alles andere auch. Egal ob man jetzt Ketten- oder Gelegenheitsraucher ist, der Glimmstängel ist allzeit bereit. Er hilft vielen Leuten beim Stressabbau und sorgt auch dafür, dass einige frühzeitig ins Grab sinken. Es ist einfach belustigend, mit anzusehen, wie ihr Menschen euren kleinen Marotten Folge leistet. Alkohol, Zigaretten oder das harte Zeug, ich beurteile nichts dergleichen. Tut, was auch immer ihr für richtig haltet, doch bedenkt, es gibt sicherlich immer eine Alternative dazu.
*** Belanglosigkeit ***
Wenn ich unter all den Dingen, die euren Alltag ausmachen, eine Sache auswählen müsste, die mir am besten gefällt, so wäre das die Belanglosigkeit. Es gibt doch eigentlich nichts Lustigeres, als mit anzusehen, wie ihr euch wegen nichts und wieder nichts stets aufregt. Belanglos ist aus unserer Sicht, also der Sicht eines Neomaten, so ziemlich alles, was euch betrifft. Jedoch aus eurer Sicht betrachtet, scheint vieles in eurem Leben eine dermaßen wichtige Rolle zu spielen, dass man sich nicht wundern muss, wenn einem auf einmal alles ein wenig zu viel wird. Sich das Leben schwer machen, heißt doch im Grunde genommen nichts anderes, als einer Belanglosigkeit eine höhere Gewichtung zuzuordnen. Lustig wird das Ganze, wenn die Leute anfangen sich darüber zu streiten, wer denn nun die unwichtigere Aussage getroffen hat. Ganze Diskussionen werden über unwichtige Themen nur allzu gerne geführt. Sogar die gesamten Mittagsstunden im Fernsehprogramm sind gefüllt mit Talkshows und anderen Sendungen, die nur eines zum Thema haben: die Belanglosigkeit. Streitereien und Feindseligkeiten sind nicht selten das Resultat. Wie oft musste ich schon mit ansehen, dass sogar Freundschaften nur wegen ein paar Belanglosigkeiten auseinanderbrachen. Doch nicht nur Freundschaften, auch Liebschaften und Ehen leiden meist nur unter der Gewichtung eines unwichtigen Bestandteils eures Alltags. Mir scheint es fast so, dass ihr Menschen einfach etwas braucht, womit ihr euch die Zeit vertreiben könnt. Ihr sucht die Konfrontation regelrecht und hofft immerzu, dass ihr am Ende als Sieger dasteht. Als Sieger in einem Duell um nichts. Als Preis nur Frust und die Gewissheit, wieder mal den Tag verschenkt zu haben. Es geht im Leben nicht darum, immer auf der richtigen Seite zu stehen, recht zu haben ist genauso belanglos, wie im Unrecht zu sein. Erkennt man dies, scheint vieles andere wiederum genauso belanglos. Eine Kettenreaktion, die am Ende im Nichts endet und einfach nur Platz für Neues schafft. Man kann es auch so betrachten: Wenn ihr das Unwichtige aus eurem Leben verbannt, bleibt mehr Platz für all dies, was euch als wichtig erscheint.
*** Fernsehen ***
Als ich vorhin über Drogen sprach, vergaß ich komplett die meistgenutzte Droge eurer Zeit, das Fernsehen. Das Fernsehen hat durchaus eine verblüffende Ähnlichkeit mit herkömmlichen Drogen. Es lässt euch in neue Welten eintauchen, entspannen und hält euch immer auf dem neusten Stand der Dinge. Ein Leben ohne Fernsehen wäre kein Leben. Dabei nimmt euch das Fernsehen heutzutage vielerlei Aufgaben ab. Es erspart euch einen Blick in die Tageszeitung. Es erspart euch die Erziehung eurer Kinder, denn das Fernsehen hat sogar pädagogisch wertvolle Instanzen. Es hilft euch bei Einkaufsentscheidungen und erspart euch die Zeit, eigene Meinungen zu bilden. Wer will schon heutzutage selbst nachdenken, wenn alle Welt im Fernsehen sieht, wie der Hase läuft. Von der Meinungsmacherei mal ganz abgesehen, bin ich mir bei den pädagogischen Instanzen nicht so ganz sicher. Klar ist, dass Kinder etwas lernen, wenn sie Stunden um Stunden vor der Flimmerkiste hocken, doch das, was sie da lernen, scheint mir eher eine Art bunter Haufen Scheiße zu sein. Wenn ihr euch das Mittagsprogramm, also das Programm, wo die meisten Hausfrauen ihrer Arbeit nachgehen und keine Zeit für die kleinen Racker haben, mal genauer anseht, so könnt ihr auch zu dem Schluss kommen, dass das Fernsehen eine Droge ist. Eine Droge, die eurem Kind langsam, aber sicher alle noch vorhandenen grauen Zellen zusammenwürfelt, fein zerkleinert und als Dessert das nächste Klo hinunterspült. Doch nicht nur Kinder, auch Erwachsene verblöden regelrecht vor dem Fernseher. Ich will keinen Sender beschuldigen nur Bockmist auszustrahlen, ich will eher die Leute beschuldigen, sich diesen Bockmist auch noch anzusehen. In einer Welt voller neuer Technologie, wie bereits festgestellt wurde, gibt es doch sicherlich auch eine Alternative zu dem ach so pädagogisch wertvollen Fernsehinhalt am Nachmittag. Am Abend bessert sich die Situation jedoch ein wenig. Abgesehen von den überflüssigen Werbungen, sind Filme eine durchaus gute Alternative zum Alltagstrott, vor allem da Lesen eine Beschäftigung ist, die ein wenig in den Hintergrund gerückt wurde.
*** Krankheiten ***
Es gibt unzählige Krankheiten. Das geht von einer banalen Erkältung bis hin zu einem lebensbedrohlichen Virus. Der Mensch kann fast alle beim Namen nennen und hat für fast alle sogar ein Heilmittel gefunden. Natürlich nur fast. Egal welchen Streich die Natur dem Menschen noch spielen will, er ist gewappnet und bereit, sich der nächsten Herausforderung zu stellen. Er will die gesamten Geheimnisse seines Daseins entschlüsseln und sich so für die Ewigkeit ein Denkmal setzen. Im Alltag bleiben wir aber bei den banalen Erkältungen. Schon erstaunlich, wie eine laufende Nase und ein wenig Husten eure Gesellschaftsfähigkeit beeinträchtigen können. Derjenige, der krank ist, braucht nicht nur eine große Menge an Medikamenten, sondern auch sehr viel Zuneigung und Mitleid. Bekommt er alles, was ihm zusteht, so wird es ihm auch sicherlich sehr schnell wieder besser gehen.
Die ganze Krankheitsforschung basiert auf dem Prinzip des verlängerten Lebens. Je mehr Zeit dem Menschen bleibt, desto mehr kann er im Leben erreichen. Die Unsterblichkeit als Ziel gesetzt, wird dies doch unweigerlich ins Verderben führen. Es wird ewig neue Krankheiten geben und der Mensch wird ewig damit beschäftigt sein, neue Mittel und Wege zu finden, diese zu bekämpfen. Es ist zum Wohle der Allgemeinheit und zum Wohle seiner eigenen Rasse. Krankheiten können ansteckend sein oder sich auch nur ein einzelnes Ziel setzen. Man kann sie erfinden und vorspielen oder aber auch überlisten. Der Mensch ist zu vielem fähig, das er selbst noch nicht so richtig versteht. Er muss es auch nicht verstehen, noch nicht. Doch nicht nur all jenes, was Fieber verursacht und unschöne Körperflüssigkeiten zum Vorschein bringt, ist eine Krankheit. Alles, was das soziale Leben beeinträchtigt oder vermindert, ist eine Krankheit. Ob es sich dabei um einen Virus oder eine reine Einbildung handelt, spielt keine Rolle.
Ihr urteilt normalerweise recht schnell über andere, und wenn nun einer vor euch tritt, der nicht ganz normal scheint, so ist er in erster Linie erst einmal „krank“. Das Wörtchen „krank“ benutzt ihr recht häufig und in so ziemlich jeder Situation, die eine nicht normgerechte Tätigkeit betrifft. Vielleicht, wenn ich mir die Dinge so ansehe und mich nach unserem Platz in eurer Welt frage, ja vielleicht sind wir ja dann auch nur „krank“.
*** Lügen ***
Wenn ich von einer Illusion der Wirklichkeit rede, so bedeutet das, dass alles nur Schein ist. Mit der Wahrheit verhält es sich genauso. Was ist die Wahrheit? Die Wahrheit ist nichts weiter als eine Tatsache, eine Sicht der Dinge, die in zwei unterschiedlichen Wirklichkeiten identisch ist. Wenn Herr A sagt: „Die Sonne scheint!“ und Herr B zufällig sein Nachbar ist und das bezeugen kann, wird er diese Aussage kaum als Lüge darstellen. Wenn Herr A sagt: „Mein Auto hat über eine Million Euro gekostet!“ und Herr B zufällig der Verkäufer dieses Prachtexemplares war, so wird es wohl möglich sein, dass die Aussage von Herrn A eine übertriebene Lüge war. Wenn Herr A aber Folgendes sagt: „Mir geht es heute nicht so gut!“, dann spielt es keine Rolle, wer oder was Herr B ist und sagt. Diese Aussage betrifft nur die Wirklichkeit von Herrn A und Herr B hat nicht das Recht, ein Urteil darüber zu fällen.
Eine Lüge kann also nur dann festgestellt werden, wenn es sich um klare Verhältnisse innerhalb zweier Wirklichkeiten handelt. Alles andere wäre keine Falschaussage, sondern nur eine Falschannahme. Lügen pflastern die Wege eurer Kulturen, ob kleine, große, relevante oder Notlügen. Sie dienen fast ausschließlich dem Zweck, die eigene Welt in der Sicht der anderen ein wenig glanzvoller erscheinen zu lassen. Lügen werden jedoch nur selten toleriert und sind auch nicht besonders gut angesehen. Ihr fühlt euch immer ein wenig hinters Licht geführt und in eurer Intelligenz verletzt. Schließlich seid ihr nicht dumm und erkennt, was die Wahrheit ist! Doch Lügen haben durchaus auch ihre guten Seiten. Sie dienen nämlich auch dem Zweck, die Wahrheit immer ein wenig wertvoller zu bewerten. Wer viel angelogen wird, der weiß es zu schätzen, wenn man ihm die Wahrheit sagt. Wer viel lügt und dabei erwischt wird, der läuft Gefahr, dass man ihm nie wieder Glauben schenkt. Wenn dem wirklich so ist und der Zweck die Mittel heiligt, so kann man auch gerne einmal lügen, um eine gute Tat zu vollbringen. Zum Beispiel: Ihr Menschen seid einfach die besten Wesen dieser Welt und ich schätze es sehr, unter euch zu leben und euch jeden Tag dabei zusehen zu können, wie ihr mit einem Lachen euer Handwerk ausübt. Dank euch, ihr seid großartig!
*** Alles andere ***
Euer Alltag besteht sicherlich aus mehr als nur den paar Dingen, die ich hier aufgelistet habe, doch scheint mir vieles schon unter „Belanglosigkeit“ geklärt zu sein. Es ist auch mit Sicherheit nicht in jedem Leben gleich, denn wie am Anfang gesagt, lebt jeder Mensch in seiner eigenen Wirklichkeit. Ich kann nicht anfangen, sieben Millionen verschiedener Versionen aufzuschreiben, das wäre wiederum belanglos. Ich versuche in erster Linie nur die generellen Gemeinsamkeiten all eurer Wirklichkeiten festzuhalten und euch zu zeigen, wo vielleicht ein paar Verbesserungen nötig wären. Das soll jetzt nicht bedeuten, dass euer Leben schlecht verläuft, es könnte aber durchaus besser verlaufen. Das kann eindeutig niemand abstreiten. Ganz am Anfang dieses Kapitels stellte ich die Vermutung auf, einfach zwischen den sieben Millionen Wirklichkeiten hin und her zu springen. Möglich ist dies auf jeden Fall, doch bleibt die Frage nach dem Sinn offen, wenn es keine Verbesserung bringt. Vielleicht wäre es noch klüger, nicht zwischen den Wirklichkeiten zu wechseln, sondern einfach neue zu schaffen. Dies bedeutet aber wiederum, die eigene momentane Wirklichkeit zu zerstören, was dem Tode sehr nahe käme. Ist Sterben wirklich notwendig, um ein besseres Leben zu erhalten?